Er ist einer der erfolgreichsten Drag Bike-Piloten Europas und Lokalmatador auf der Rico-Anthes-Quartermile. Super Twin Top Fuel-Pilot Christian Jäger gibt im Interview Einblicke in seine Arbeit, spricht über seine Ziele und seine große Vorfreude auf die NitrOlypmX.
1. Du bist ja schon sehr lange im Drag Racing „unterwegs“- Was war für dich die „Initialzündung“ gerade diesen Motorsport zu betreiben?
NH: Ich mache das mit dem Drag Racing schon seit über 17 Jahren. Die Initialzündung kam tatsächlich bei einem Besuch der NitrOlympX 1997. Der Nervenkitzel, die wahnsinnige Beschleunigung und die Herausforderung der speziellen Technik haben mich sehr gereizt.
2. Dein Einstieg war bei den Super Street Bikes – was war der Grund für den Wechsel zu den Super Twin Top Fuels?
Vor der Klasse der Super Twin Top Fuels habe ich noch ein Funny Bike gefahren. Der Grund, warum ich in die STTF-Klasse umgestiegen bin, war, dass mein Funny Bike mir zu langsam geworden ist mit 600 PS. Das sollte schon noch ein bisschen schneller gehen.
3. Die Erfahrungen in der „kleineren“ Klasse der SSBs haben dir ja sicher genützt. Was würdest du sagen, ist es möglich für einen Neueinsteiger, der noch nie ein Rennen auf der Quartermile absolviert hat, sofort ein STTF-Bike zu fahren?
(lacht) Nein, das geht natürlich nicht, da man die Lizenz für Super Twin Top Fuel Klasse nur bekommt, wenn man internationale Erfolge in anderen kleinen Klassen mitbringt. Und es ist sehr zu empfehlen, dass man schon mal ein Dragbike mit Wheeliebar gefahren ist. Das verhält sich beim Fahren nochmal ganz anders.
4. Im Drag Racing gibt es mehrere Komponenten, die zusammenspielen müssen, um gewinnen zu können: Wie würdest Du das prozentual in etwa sehen? Wie wichtig sind das perfekte Tuning, das fahrerische Können, die Strecke und Reaktionszeit?
Das perfekte Tuning macht schon 60% des Erfolgs aus, der Rest ist tatsächlich fahrerisches Können. Dazu gehört natürlich auch an der Ampel voll fokussiert zu sein, um die schnellste Reaktionszeit raus zu holen.
5. Apropos „fahrerisches Können“ – was heißt das bei „400 Meter geradeaus“? Du liegst ja fast auf dem Bike – in wie weit kannst du noch kontrollieren/korrigieren, wenn du auf Vollgas bist?
Man kann durch Gewichtsverlagerung des Körpers, noch etliches wieder gut machen während eines Laufes, aber grobe technische Schwierigkeiten gerade beim Fahrwerk kann man unmöglich ausbügeln, da man gegen 400 kg Motorrad kämpfen muss – ohne dabei angeschnallt zu sein oder sonst irgendwie gesichert zu sein bei Geschwindigkeiten weit über 350 km/h.
6. Seit 2017 fährst du ein neues Bike (siehe Specifications) und hast sehr ehrgeizige Pläne damit. Wie stehen die Chancen, den WR 2018 zu knacken?
Die Chancen stehen meiner Meinung nach sehr gut. Wir testen und arbeiten hart an dem Bike, es nur eine Frage der Zeit, des Know Hows und letztendlich auch des Geldes. Rekordhalter ist Jaska Salakari mit 6,01 sec. und diese Marke gilt es zu knacken.*
7. 2017 hast du deine Ziele verfehlt. Was war der Grund dafür?
„Verfehlt“ würde ich jetzt nicht sagen, eher: Die Realität hat unbarmherzig zugeschlagen. Mit einem neuen Bike ist es unmöglich, direkt den perfekten Lauf abzuliefern. Um ein Bike optimal auf den perfekten Lauf vorzubereiten ist mehr Arbeit nötig als sich jeder Zuschauer vorstellen kann. Das kann auch schon mal 3 – 5 Jahre dauern bis alles passt.
8. Was hast du über den Winter an deinem Bike alles verändert – konntest du schon testen?
Wir haben verschieden Details geändert: am Motor, Fahrwerk und Body. Im Mai waren wir auf dem Main Event in Santa Pod. Zwar mit noch eher mäßigem Erfolg, aber wir konnten wenigstens testen und da zählt ja jeder Lauf, um das Bike weiter entwickeln zu können.
9. Die NitrOlympX scheinen gerade für Bikes ein echt „heißes Pflaster“ in puncto Rekorde zu sein. Was macht gerade dieses Event für dich als Fahrer so besonders?
Die Rico-Anthes-Quartermile ist ja so zu sagen meine „Hausstrecke“. Für mich haben die NitrOlympX ein ganz besonderes Flair – wahrscheinlich weil es eine Formel-1-Rennstrecke ist. Die Fans und Zuschauer sind natürlich auch außergewöhnlich und super drauf. So ein Publikum reißt dich auch als Fahrer ganz schön mit. Die Nightshow ist auch was ganz Besonderes, so etwas kriegen sie woanders nicht hin – das ist echt einzigartig!
10. Wie wichtig sind Unterstützer und Sponsoren im Drag Racing?
Ohne Sponsoren geht auch im Drag Racing leider gar nichts. Wir versuchen als Team immer neue Sponsoren zu gewinnen, um unser Projekt weiter nach vorne zu bringen.
11. Hast Du schon mal ausgerechnet, was dich ein Lauf in etwa kostet?
Ja, ich hab´s mir tatsächlich mal hoch gerechnet: Ein Lauf inklusive Nitro, Kupplung, Zündkerzen, Öl, und Reifen, liegt bei ca. 500 Euro nur für Verbrauch. Schäden sind da noch nicht inklusive…
12. Deine Maschine hat 1200 PS, ist in 0,9 Sekunden von 0 auf 100 und dein persönlicher Rekord sind 6.50 sec/350 km/h. Kannst du dich noch an deinen allerersten Lauf mit einem STTF erinnern? Was schoss dir in dem Moment durch den Kopf?
Ehrlich gesagt gar nichts! Ich hatte in dem Moment viel zu viel Adrenalin im Blut, um an etwas anderes als an den Start zu denken. Du bist in dem Augenblick an der Ampel so fokussiert – könnte man fast Tunnelblick nennen – dass man nicht mehr viel wahrnimmt.
13. Wenn Du an der Ampel stehst, nimmst du den Gegner und das Grölen und Anfeuerungen der Fans noch wahr?
Nein, wie gesagt, es ist wie im Tunnel durch die Fokussierung sobald der Motor läuft. Da ist alles andere abgeschaltet. Du denkst nur noch an DEN Lauf.
14. Drag Racing gilt als der schnellste Motorsport der Welt. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ist dieser Motorsport gefährlich. Hattest du jemals Angst vor einem Lauf und wie gehst du damit um?
Angst darf man niemals haben, nur den nötigen Respekt vor der Sache und man muss sich der möglichen Folgen jederzeit bewusst sein. So ein STTF-Lauf verzeiht keine Fehler, schon ein kleiner „Ruck“ an der falschen Stelle kann große Auswirkungen haben. Deshalb habe ich seit Jahren eine Mentaltrainerin, die mich natürlich auch mental für solche extremen Situationen fit hält.
15. Wann werden Dich die deutschen Fans das nächste Mal live sehen?
In Hockenheim bei den NOX auf die ich mich schon sehr freue. Da sehe ich auch meine langjährigen Fans wieder und hoffe, sie mit einem Sieg zu belohnen. Den Sieg würde ich mir auch ganz besonders für meine Crew wünschen, die mir seit 10 Jahren die Treue hält und auf die ich mich immer zu 100% verlassen kann.
* den offiziellen Weltrekord für ein Nitro Harley Bike hält Tak Shigematsu aus Japan mit 6.021 Sekunden
