Zum 34. Mal fanden am vergangenen Wochenende vor 39.000 Zuschauern die NitrOlympX, Europas größte Drag Racing Veranstaltung, auf dem Hockenheimring statt. Vom 16. bis 18. August 2019 traten rund 270 Teams in 18 Klassen im Kampf um die FIA- und FIM- Europameisterschaftskrone sowie um den Sieg in erstklassigen Sportsman-Klassen auf der Quartermile im Motodrom an. Die diesjährigen NitrOlympX zeichneten sich vor allem durch sportliche Höchstleistungen, aber auch schwankende Wetterbedingungen aus.
Der Freitag
Die Königsklasse des Dragster-Sports – Die Top Fuel Dragster, machten ihrem Namen alle Ehre. Sieben Teams waren am Start. Mit Anita Mäkelä (3,87), Maja Udtian (3,88) und Liam Jones (3,92) erzielten gleich drei Fahrer bereits am Freitag eine Zeit unter vier Sekunden. Dies ließ für den Rest des Wochenendes einiges erwarten.
Die Klasse Top Methanol – bestehend aus dem Team Habermann mit den Brüdern Timo und Dennis, Jürgen Nagel in seinem legendären Camaro Funny Car und Silvio Strauch, der das Cockpit des ehemaligen Bavaria Thunder Dragsters von Drag Racing Urgestein Peter Schöfer übernommen hat, stellte die Klasse mit den meisten deutschen Startern.
Zudem waren acht Bike-Klassen am Start. Bei den Super Street Bikes wurde bereits am Freitag in der ersten Qualifikation die Sechs-Sekunden-Marke durchbrochen. Der Finne Vesa Ruhanen fuhr nicht nur die erste sechs Sekunden Zeit für Super Street Bikes in Hockenheim, sondern war mit seinen 348,90 km/h schneller, als jemals ein anderer Fahrer in Europa.
Bei den schnellsten Motorrädern, den Top Fuel Bikes, stand nach dem ersten Tag der Schwede Rickard Gustafsson mit einer 6,14 und 366 km/h auf Pole Position. Er hatte letztes Jahr beim schnellsten Side by Side Lauf der europäischen Drag-Bike Geschichte einen Sturz und musste sein Bike über den Winter komplett neu aufbauen. Sein stärkster Gegner in der Klasse, der Grieche Filipos Papafilippou saß ihm mit 6,15 auf 378km/h ganz dicht im Nacken.
Der Samstag
Wie immer fieberte alles dem Samstag entgegen, einem extrem heiß umkämpften Tag, denn dann geht es darum, wer aus den insgesamt 18 Klassen am Sonntag am Rennen teilnehmen darf.
Im Drag-Racing gibt es aber eine einzige Sache, die keiner kontrollieren kann, die aber leider alles beeinflusst: Das Wetter. Manchmal schlägt es einfach zu, so wie am zweiten Veranstaltungstag auf der Rico-Anthes-Quartermile des Hockenheimrings.
Der Tag begann mit schnellen Zeiten in den Sportsman-Klassen. Auch der Auftritt der Pro Mods hatte es in sich. Viele schnelle Zeiten und ein neuer Top-Qualfier: Jan Ericsson lag mit seiner 5,876 „hauchdünn“ vor Jimmy Ålund (beide SWE) mit einer 5,879. Der Deutsche Ingo Ekert qualifizierte sich direkt im ersten Versuch für sein erstes Pro-Mod-Rennen.
Keine Veränderung in der Klasse Top Methanol. Der Schwede Johnny Lagg konnte seine Spitzenposition halten. Allerdings hat das Rennen seine eigenen Regeln. Denn hier zählte, anders als in der Qualifikation, auch die Reaktionszeit und da sind die Habermann-Brüder bekanntlich fast unschlagbar.
Auch bei den Pro Stock Cars steht der Name Ålund ganz weit oben. Jimmy Ålund, der erste Europäer überhaupt, der in den USA ein NHRA Rennen in einer Profi-Klasse gewinnen konnte, stand mit seiner 6,596 auf Platz eins der Qualifikation.
Die Top Fuel Dragster zeigten auch am zweiten Veranstaltungstag ihre einzigartige Power: In der dritten Qualifikationsrunde stand bei Maja Udtian und Liam Jones erneut die „3“ vor dem Komma, an den Platzierungen hatte sich aber seit dem Freitag nichts geändert. Anita Mäkelä auf eins, Maja Udtian Zweite, der Brite Liam Jones Dritter und Jndia Erbacher folgte auf Platz vier.
Starker Regen machte danach die Fortführung der Qualifikation unmöglich.
Die Nightshow
Am Abend hatten sich, trotz Regens, dann alle wieder versammelt. Die Nightshow fand mit einer an die Witterungsbedingungen angepassten Version statt.
Das Moderatorenduo John Seegert und Benni Voss führte durch eine Nightshow, die vielleicht auch gerade wegen der äußeren Umstände eine ganz eigene Dynamik entwickelte. Während die Naturgewalten die Quartermile in einen „Quarterchannel“ verwandelt hatten, schippte die scharz-rot-goldene Streckencrew gegen die Wassermassen an. Wo sonst Top Fueler Side-by-Side mit meterhohen Flammen in die Nacht rasen, hatte sich ein unbefahrbarer Wasserteppich gelegt.
Davon ließen Top Fuel Dragster und die stärksten Bikes nicht beeindrucken – ein Aufgebot der größten Drag-Racing-Stars ließ ihr Publikum wissen, wie gefühlte 100.000 PS beim gemeinsamen „Konzert-Einsatz against the Rain“ klingen. Nach sechs Jahren Abstinenz rockte Terry Grant mit seinen spektakulären Autostunts das Motodrom. David Pertue ließ sein legendäres „Green Monster“, einen Frontengine Jet Dragster gegen das Nass anbrüllen. Als „Oklahoma Willy“, ein Jet-T1-Volkswagen – fast „schüchtern“ und „unscheinbar“- in den Vorstart rollte, konnte noch keiner ahnen was sich ein paar Sekunden später abspielen sollte. Als „der Kleine“ sein Düsentrieberk anließ, verwandelte sich das Motodrom in ein Gesamtkunstwerk aus Feuersturm und einer gigantischen „Rauch-Installation“. Kurzum – mit viel Feuer, Musik und einer gigantischen PS-Party endete der Samstag im Motodrom.
Die NitrOlympX-Crew, die Begeisterung der Fans, der Enthusiasmus der Nightshow-Stars, schafften es gemeinsam, die Nightshow der 34. NitrOlympX zu einer ganz besonderen zu machen.
Der Sonntag
Packende Duelle und Entscheidungen im Tausendstel-Bereich – das versprach der Sonntag. Die Super Street Bikes starteten auf dem Hockenheimring mit dem schnellsten 16er Feld das es je in Europa gab. Und schon früh schieden beiden Favoriten der Qualifikation aus. So wurde es ab dem Halbfinale eine rein britische Angelegenheit, die der SSB-Veteran Steve Venables nach einigen 6er-Zeiten mit einer 7,138 gegen Garry Bowe für sich entschied.
Auch bei den Pro Stock Bikes schied der Favorit Fredrik Fredlund früh aus, als sein Bike in der zweiten Runde nach dem Start einfach ausging. Das hätte sich der Finne, der übrigens Bürgermeister in seinem Heimatort ist, sicher anders vorgestellt. Am Ende setzte sich der Franzose Charly Abraham gegen alle Konkurrenten durch.
Roman Sixta aus Tschechien gewann die Klasse Supertwin Top Fuel sehr eindrucksvoll. Nach Jahren der Entwicklung legte Roman jetzt konstante 6,6er-Zeiten auf die Quartermile und ließ damit im Finale den Briten Neil Midgley hinter sich.
Die schnellsten Geschosse auf zwei Rädern waren die Top Fuel Bikes. Wie in den vergangenen zwei Jahren kam es auch 2019 zum Showdown zwischen dem Griechen Filippos Papafilippou und dem Schweden Richard Gustafsson. „Fast Fil“ hatte diesmal am Ende die Nase vorne. Seine 6,210 war auf nicht zu schlagen.
In den FIA Autoklassen gab es die „Jimmy-Ålund-Show“. Der Schwede holte sich den Titel im hart umkämpften Pro-Modified-Feld und schlug im Finale Jan Ericsson. Ericsson war zwar eine Zehntelsekunde schneller auf der Strecke, hatte den Sieg aber an der Ampel mit einem Frühstart verschenkt. Raus aus dem alten Chevy Coupe, rein in den neuen Chevy Camaro – und damit die Klasse Pro Stock gewinnen. Das war Jimmy Ålunds Plan, und der ging auf.
Mit über einer Zehntel Vorsprung ließ er seinen Landsmann Robin Norén deutlich hinter sich und sicherte sich auch den Titel in der FIA Pro Stock Klasse.
Eine riesige Überraschung gelang Jürgen Nagel in der Klasse Top Methanol. In der ersten Runde schlug er den Favoriten Johnny Lagg aus Schweden. Dies katapultierte ins Finale, da der Hamburger im Halbfinale einen Sololauf hatte. Dort musste er sich Timo Habermann geschlagen geben, der den Sieg nach Langenselbold holte.
Bleiben zum Schluss die Top Fuel Dragster und eine Frau, die mit ihrem Team an diesem Wochenende eine Spitzenleistung schaffte: Anita Mäkelä. In der ersten Runde trat die Finnin alleine an. Nach dem Burnout bekam sie das Zeichen der Startcrew den Dragster auszuschalten – Probleme mit der Startampel. Tommi Happanen, ihrem Mann und Crew-Chief blieb nichts anderes übrig als eine Spritleitung abzuschrauben, damit der 10.000PS Motor langsam ausging. Die Minuten vergingen und einen Top-Fuel-Motor neu zu starten ist riskant. Doch Anita musste unter eigener Kraft an die Startampel rollen, um diese zumindest auslösen um die nächste Runde zu erreichen. So sind die Regeln. Die Minuten vergingen. Der Motor war heiß und wurde von der Crew in Windeseile auf den Neustart vorbereitet. Die Reifen kühlten vom Burnout herunter. Jeder ging jetzt davon aus, dass Anita nach vorne rollt, die Ampel auslöst und sich dann zurückschieben lässt. Weit gefehlt! Nach einer „gefühlten Ewigkeit“ rollte die Finnin wieder an die Startlinie. Ohne erneuten Burnout. Das gut gefüllte Motodrom zuckte kollektiv zusammen als Anita bei „grün“ tatsächlich voll draufhält und mit einer 3,93 und 474 km/h im Ziel ankommt. Anita fuhr sowohl im Halbfinale gegen Jndia Erbacher, als auch im Finale gegen Maja Udtian weitere 3er-Zeiten und gewann die NitrOlympX vor einem jubelnden Publikum.
Jetzt heißt es warten und die Vorfreude bis zu den NitrOlympX 2020 zu genießen. See you in 2020!